Mittwoch, 20. Dezember 2017

Das Geheimnis des Lebens

Ein Gesetz des Lebens???!!

In der Karl Marx Biografie zitiert Francis Wheen die Eindrücke von dem amerikanischen Journalisten John Swinton, als dieser Karl Marx besucht hatte.

„Wir redeten über die Welt, über die Menschen, über die Zeit und ihre Ideen, während der Klang unserer Gläser sich mit dem Rauschen der See mischte. Die Eisenbahn erwartete niemanden mehr, und die Nacht brach herein. Beim Nachdenken über die Geräusche und den Lauf der Zeit und der Jahre, im Gespräch über den Tag und die Szenen des Abends stieg in mir eine Frage auf, die das Grundgesetz des Seins berührte und auf die ich von diesem Weisen eine Antwort haben wollte.
Nachdem wir alle Tiefen der Sprache und alle Höhen der Emphase durchmessen hatten, unterbrach ich eine lange Pause des Schweigens und wandte mich an den Revolutionär und Philosophen mit den schicksalhaften Worten: „Was ist???“


Und es war, als ob sein Geist einen Moment umkehre, während er auf die brüllende See und das rastlose Treiben des Strandes blickte. „Was ist???“, hatte ich gefragt, worauf er in dunklem, feierlichem Ton antwortete:

Kampf!!!

Zunächst glaubte ich einen Nachhall von Verzweiflung zu hören, aber vielleicht war es das Gesetz des Lebens.“

New York Sun, 6. September 1880

Mittwoch, 13. Dezember 2017

Was ist Dialektik???

Ein kleines Beispiel aus der weiten Welt der Mathematik

Friedrich Engels, der gute Freund von Karl Marx ging der Dialektik naturphilosophisch auf den Grund und hat versucht dialektische Zusammenhänge aus der Naturwissenschaft zusammen zu tragen.
Ein kleine dialektische Methode stellt er anhand eines Beispieles aus der Dreiecksberechnung vor.

"Trigonometrie.
Nachdem die synthetische Geometrie die Eigenschaften eines Dreiecks, an sich betrachtet, erschöpft und nichts Neues mehr zu sagen hat, eröffnet sich ein erweiterter Horizont durch ein sehr einfaches, durchaus dialektisches Verfahren. Das Dreieck wird nicht mehr an sich und für sich betrachtet, sondern im Zusammenhang mit einer andern Figur, dem Kreis.

Jedes rechtwinklige Dreieck kann als Zubehör eines Kreises betrachtet werden: Ist die Hypotenuse = r, dann die Katheten sin und cos, ist eine Kathete = r, dann die andre = tg, die Hypotenuse = sec. Hierdurch bekommen Seiten und Winkel ganz andre, bestimmte Verhältnisse zueinander, die ohne diese Beziehung des Dreiecks auf den Kreis unmöglich zu entdecken und zu benutzen, und eine ganz neue, die alte weit überreichende Dreieckstheorie entwickelt sich, die überall anwendbar, weil jedes Dreieck in 2 rechtwinklige aufgelöst werden kann.


Diese Entwicklung der Trigonometrie aus der synthetischen Geometrie ist ein gutes Exempel für die Dialektik, wie sie die Dinge in ihrem Zusammenhange faßt statt in ihrer Isolierung."



Dialektik der Natur, (vgl. MEW Bd. 20, S. 528)

Hier ein Einführungsvideo von YouTube dazu:



Ein weiterer Link zu einem etwas kürzerem YouTube-Video zum Thema:
Trigonometrie: Sinus & Kosinus auch im Bogenmaß erklärt!!!

Dienstag, 12. Dezember 2017

Arbeit und Ware von Marx einfach erklärt

Ware, Tauschwert und Arbeit

Im Juni 1865 hielt Karl Marx einen Vortrag vor dem Rat der Internationalen Arbeiterassoziation, woraus der Marx-Biograph Francis Wheen folgende Absätze aneinanderreihte um zu zeigen, wie Marx ökonomische Zusammenhänge verständlich erklären konnte:

"Da die Tauschwerte der Waren nur gesellschaftliche Funktionen dieser Dinge sind und gar nichts zu tun haben mit ihren natürlichen Qualitäten, so fragt es sich zunächst: Was ist die gemeinsame gesellschaftliche Substanz aller Waren? Es ist die Arbeit. Um eine Ware zu produzieren, muß eine bestimmte Menge Arbeit auf sie verwendet oder in ihr aufgearbeitet werden. Dabei sage ich nicht bloß Arbeit, sondern gesellschaftliche Arbeit. Wer einen Artikel für seinen eignen unmittelbaren Gebrauch produziert, um ihn selbst zu konsumieren, schafft zwar ein Produkt, aber keine Ware. ... Eine Ware hat Wert, weil sie Kristallisation gesellschaftlicher Arbeit ist.[1] Preis ist an sich nichts als der Geldausdruck des Werts.[2] Was der Arbeiter verkauft, ist nicht direkt seine Arbeit, sondern seine Arbeitskraft, über die er dem Kapitalisten vorübergehend die Verfügung überläßt.[3] Unterstellt nun, daß die Produktion der Durchschnittsmenge täglicher Lebensmittel für einen Arbeitenden 6 Stunden Durchschnittsarbeit erheischt. Unterstellt überdies auch, 6 Stunden Durchschnittsarbeit seien in einem Goldquantum gleich 3 Schilling vergegenständlicht. Dann wären 3 Schilling der Preis oder Geldausdruck des Tageswerts der Arbeitskraft jenes Mannes.[4] Durch die Bezahlung des Tages- oder Wochenwerts der Arbeitskraft des Spinners hat nun aber der Kapitalist das Recht erworben, diese Arbeitskraft während des ganzen Tags oder der ganzen Woche zu nutzen. Er wird ihn daher zwingen, sage 12 Stunden täglich zu arbeiten. ... Indem der Kapitalist 3 Schilling vorschießt, realisiert er also einen Wert von 6 Schilling, weil ihm für den von ihm vorgeschossenen Wert, worin 6 Arbeitsstunden kristallisiert sind, ein Wert zurückerstattet wird, worin 12 Arbeitsstunden kristallisiert sind. Durch tägliche Wiederholung desselben Prozesses wird der Kapitalist täglich 3 Schilling vorschießen und täglich 6 Schilling einstecken, wovon eine Hälfte wieder auf Zahlung des Arbeitslohns gellt und die andre Hälfte den Mehrwert bildet, für den der Kapitalist kein Äquivalent zahlt. Es ist diese Art Austausch zwischen Kapital und Arbeit, worauf die kapitalistische Produktionsweise oder das Lohnsystem beruht und die ständig in der Reproduktion des Arbeiters als Arbeiter und des Kapitalisten als Kapitalist resultieren muß.[5]"
Diese Auszüge aus dem Erstdruck des Vortrages erschien erst nach Karl Marx Tod im Jahre 1898 unter dem Titel "Value, Price and Profit". Karl Marx fand seinen Vortrag als zu einfach und unausgegoren. Er wollte diese Schrift auch nie selbst veröffentlichen, seine jüngste Tochter Eleanore Marx war eine ganz praktische und handelnde Persönlichkeit und mit ihrer Herausgabe der Schrift brachte sie Marx ökonomische Studien vor allem den englischen ArbeiterInnen nahe. Karl Marx referierte in englischer Sprache und aus dem Englischen übersetzte Eleanore Marx diese Niederschrift ins Deutsche. Marx und die Engländer, eine Geschichte für sich. Die folgende BBC Dokumentation auf YouTube mit der Journalistin Stephanie Flanders zeigt das Interesse der Briten heute an Charly Marx.



Quellennachweise:
[1]=[Marx: Lohn, Preis, Profit, (vgl. MEW Bd. 16, S. 123)]
[2]=[Marx: Lohn, Preis, Profit, (vgl. MEW Bd. 16, S. 127)]
[3]=[Marx: Lohn, Preis, Profit, (vgl. MEW Bd. 16, S. 130)]
[4]=[Marx: Lohn, Preis, Profit, (vgl. MEW Bd. 16, S. 132)]
[5]=[Marx: Lohn, Preis, Profit, (vgl. MEW Bd. 16, S. 133-134)]

Donnerstag, 9. Juli 2015

Geh deinen Weg, und lass die Leute reden

Aufrecht gehen muss gelernt sein

"Geh deinen Weg, und lass die Leute reden", könnte ein Lebensmotto sein, um einigermaßen gut durch das Leben zu kommen. Selber zu machen und zu tun was man will. Diesen Mut bringen nur wenige Menschen auf. Viele Menschen lassen sich durch das Gerede der Leute zu stark beeinflussen. Viele Menschen hören nicht auf ihre eigene innere Stimme und bringen nicht den Mut auf, ihren eigenen Weg zu gehen. Im Film "Matrix" gibt es eine Szene wo Morpheus zu Neo sagt, "Ich kann dir nur den Weg zeigen, gehen musst du ihn selbst." Im Film Matrix zeigt der Meister seinem Schüler den Weg, nachdem Neo den Weg beschritten hat, um seinen Meister zu finden.
Karl Marx hatte seinen Meister, oder besser gesagt seine Meister, in Hegel und Feuerbach gefunden und ähnlich wie Neo Morpheus überflügelt hat, hat Karl Marx die beste Synthese zwischen Hegel und Feuerbach gefunden. Die dialektische Logik Hegels wurde kongenial mit dem Feuerbachschen Materialismus kombiniert, nicht ohne die beiden Philosopen vorher zu kritisieren, genauestens zu analysieren und sie auseinanderzunehmen. Marx hatte Hegel vom Kopf auf die Füße gestellt und die feuerbachsche Religionskritik auf die sozialen Zusammenhänge der Gesellschaft übertragen. Nach den kurzen philosophischen Ausflügen hatte Marx sich vorgenommen, nach der Veröffentlichung des kommunistischen Manifestes, die kapitalistische Produktionsweise, die zutiefst chaotisch und anarchisch abläuft, näher unter die Lupe zu nehmen. Seine Analysen führten vom Fetischcharakter der Waren hin zu seiner Mehrwerttheorie, indem er wissenschaftlich auf dialektisch materialistische Art nachweist, dass die Arbeitskraft die die Arbeitnehmer verkaufen müssen um zu überleben, den besitzenden Klassen große Profite einbringen und so ihre Macht und Herrschaft sichern und stärken. Die lohnabhängig Beschäftigten schmieden sich ihre eigenen Ketten. Bei sehr guten Löhnen werden die Arbeiter nicht freier, sondern schmieden sich lediglich goldene Ketten, die ihnen erlauben etwas größere Tortenstücke vom Kuchen abzubekommen. Manche abhängig Beschäftigten kriegen saftige Stücke, andere werden nur mit Brosamen abgespeist.
Wirtschafts- und Finanzkrisen fallen nicht vom Himmel, sondern sind Teil des Systems in dem Überkapazitäten abgebaut und Arbeitskräfte "freigesetzt" werden. Privilegiertere Gesellschaftsmitglieder trifft die Krise zwar auch hart, aber nicht so hart wie Menschen die keinerlei oder nur wenige Privelegien haben. Menschen in der sogenannten "Dritten Welt" trifft die Krise härter als in den kapitalistischen Metropolen.
Aufrecht zu gehen ohne sich in irgendeiner Weise zu korrumpieren oder sich wenigstens nicht schuldig zu machen ist in dieser Welt sehr schwer. Die Krise ist für kapitalistische Gesellschaften ein zweischneidiges Schwert, in Krisenzeiten können, so Marx, alte Geister der Vergangenheit heraufbeschworen werden oder es können auch progressive Kräfte Oberwasser gewinnen. Zur Krise im Kapitalismus werde ich später noch was schreiben.
Wichtig ist festzuhalten, dass aufrecht gehen und wahre Erkenntnisse zu verbreiten nicht risikolos ist. Mit seinem Werk das "Kaptital" hat Karl Marx wahre Erkenntnisse über die kapitalistische Produktionsweise verbreitet. Wie schon erwähnt hat er den Fetischcharakter der Ware beschrieben und die Mehrwerttheorie entwickelt, die Mehrwerttheorie hatte Friedrich Engels einmal als die zweite wissenschaftliche Entdeckung beschrieben. Nachdem Marx, so Engels, schon entdeckt hat, dass der Mensch erst essen, trinken, schlafen und arbeiten muss, bevor der Mensch sich der Religion, Philosophie, Kunst, Wissenschaft und Politik widmen kann.
Das Hauptwerk von Marx ist "ein Geschoss in das Mark des Kapitalismus", so wiederum sein Freund Engels.
Als die erste Auflage des Kapitals erscheint, schreibt Karl Marx am Ende seines Vorwortes.
"Jedes Urteil wissenschaftlicher Kritik ist mir willkommen. Gegenüber den Vorurteilen der sogenannten öffentlichen Meinung, der ich nie Konzessionen gemacht habe gilt mir nach wie vor der Wahlspruch des großen Florentiners: 'Segui il tuo corso, e lascia dir le genti!' [Geh deinen Weg, und lass die Leute reden.]"


Karl Marx im Jahr 1867, dem Jahr in dem die erste Auflage des "Kapitals" erschien.



Francis Wheen, ein englischer Journalist und Autor einer Biografie von Karl Marx, schreibt folgendes in seinem Buch 'über Karl Marx - Das Kapital'.
„Hätte "Das Kapital" mit der gesprengten kapitalistischen Hülle und der Expropriation der Expropiateure geendet, wäre es womöglich als ein im wesentlichen prophetisches Werk über den zwangsläufigen Untergang des Kapitalismus aufgefasst worden. Aber so wendet der Verfasser sich zum Schluss von den Bedrückern weg wieder den Opfern zu und verabschiedet sich mit einer Reprise des Leitmotivs: Was auch immer sein Los sein wird, mag er noch ein Jahrhundert oder ein Jahrtausend bestehen - der Kapitalismus lebt von Ausbeutung. Wir sind dort angekommen, von wo wir ausgingen, in einer Hölle auf Erden, die einer diesseitigen Variante von Dantes Inferno gleicht. 'Was kümmert`s dich, was die raunen?', fragt Vergil Dante im fünften Gesang des Purgatio. 'Folge mir nach und lass die Leute reden!' [Vien retro a me, e lascia dir le genti!]. Marx der keinen Vergil als Führer hatte, zitiert den Vers in abgewandelter Form als 'Wahlspruch' am Ende seines Vorwortes zur ersten Auflage des "Kapitals", um klarzustellen, dass er den Vorurteilen der sogenannten öffentlichen Meinung' keine Zugeständnisse machen wird: 'Segui il tuo corso, e lascia dir le genti!' [Geh deinen Weg, und lass die Leute reden.] Von Anfang an ist also das "Das Kapital" als ein Abstieg in unterweltliche Regionen angelegt, und noch mitten in komplexen theoretischen Überlegungen evoziert der Verfasser einen plastischen Eindruck von der Szenarie und Bewegungen der gesellschaftlichen Kräfte im Kapitalismus.“

Donnerstag, 1. Januar 2015

Erich Fromms Spiritualität

Spiritualität zwischen ZEN, Marxismus und jüdischer Religion

Erich Fromms humanistische Spiritualität bewegt sich zwischen Marxismus, ZEN, Buddhismus und Judentum. Stark geprägt wurde er in seiner Jugend und als Student durch den Talmudunterricht eines chassidischen Rabinners. Ende der 1920er Jahre wurde er von Max Horkheimer an das Institut für Sozialforschung, besser bekannt als die Frankfurter Schule, berufen um sozialpsychologische Studien zu erstellen. In Frankfurt setzte er sich stark mit Marxisten und Marxismus auseinander. 1932 wurden die Marxschen Frühschriften bekannt und veröffentlicht. Insbesondere diese Frühschriften von Karl Marx nimmt Fromm zum Anlass den Marxismus nicht nur ökonomisch sondern auch humanistisch zu interpretieren. Diese Frühschriften beschäftigen sich stark mit der Entfremdung des Arbeiters, hier werden die Feuerbachschen Thesen formuliert und Marx setzt sich das erste Mal kritisch mit der Philosophie Hegels auseinander.
Für Erich Fromm ist die sozialistische Arbeiterbewegung in Deutschland nicht nur eine politische Bewegung, sondern auch eine spirituelle. Spirituell interpretiert Fromm immer im Zusammenhang mit praktischem Tun, in Bezug auf die Arbeiterbewegung ist das praktische Tun vor allem das solidarische Verhalten der Arbeiterinnen und Arbeiter untereinander im Kampf gegen Ausbeutung, Unfreiheit, Unterdrückung, Kinderarbeit, miserable Arbeits- und Lebensbedingungen. Solidarität ist nach Fromm ein spiritueller Akt. Im solidarischen Verhalten stehen Menschen für Menschen ein. Gemeinsam kämpften Arbeiterinnen und Arbeiter für eine sozialistische Gesellschaft, in dieser Auseinandersetzung haben sich die Menschen untereinander geholfen und Karl Marx lieferte mit seiner Kapitalismuskritik und seinen Analysen das theoretische Rüstzeug für den praktischen Kampf.
Für Erich Fromm ist Karl Marx ein religiöser Atheist, der aus diesem Grunde auch ein spiritueller Mensch war. Karl Marx kritisierte die Religionen stark, aber nicht aus einer bürgerlich atheistischen Perspektive, sondern, so Fromm, aus einer religiös atheistischen Sichtweise. Der Marxismus ist allerdings keine Religion oder eine Weltanschauung, welches irregeleitete Anhänger aus ihm machten, sondern im marxschen Sinne eine wissenschaftliche Theorie. Diese Theorie beinhaltet Philosophiekritik, Ideologiekritik, Kapitalismuskritik und Gesellschaftskritik. Darüber hinaus bietet diese Theorie eine wahrhafte Sicht auf wirtschaftliche Zusammenhänge in den bürgerlichen Gesellschaften. Insbesondere Austromarxisten wie Otto Bauer oder auch ein Linkssozialist wie Paul Levi, Rechtsanwahlt und Freund von Rosa Luxemburg, betonten den wissenschaftlich offenen Charakter des wissenschaftlichen Sozialismus, der auch immer wieder erweitert und ergänzt und den jeweiligen historischen und sozialen Wirklichkeiten angepasst werden muss. Die marxsche Theorie bildet sozusagen ein Fundament und sein Hauptwerk, "Das Kapital", ist eine wissenschaftliche und tiefgreifende, auch scharfe Analyse des Verhältnisses zwischen Arbeit und Kapital. Wobei das Kapital im Grunde eine gespeicherte, aufgehäufte und tote "Arbeit" darstellt, die im Gegensatz zu der lebendigen Arbeit steht, wo der Mensch sich entfalten und selbst finden kann. Karl Marx schreibt noch im kommunistischen Manifest, dass in der bürgerlichen Gesellschaft das Tote über das Lebendige und das Vergangene über das Gegewärtige herrscht. Im Kapitalismus ist die Profitmaximierung das oberste Ziel, dem auch die Arbeit unterliegt. Anstatt dass die Arbeit im Dienst der Gemeinschaft steht, steht sie im Kapitalismus zu Diensten des Profits und diese Arbeit, entfremdet den Menschen und ist in keiner Weise spirituell. Arbeit kann spirituell sein, wenn sie die geistigen und kreativen Kräfte im Menschen weckt und er sich dabei voll entfalten kann. Gerade heute stehen die sogenannten "Kreativberufe" im Dienste des Kapitals und die schöpferischen Fähigkeiten der Menschen werden aufgesogen und ausgebeutet. Gerade in der heutigen Zeit gibt es deswegen auch viele psychisch kranke Menschen, die Krankenkassen können ein Lied davon singen.
Aber zurück zur marxschen Theorie. Immanuel Kant hat einmal gesagt, "nichts ist praktischer als eine gute Theorie". Ein Theorie sollte also praktisch anwendbar sein. Wissenschaftliche Theorien sind immer eine Annäherung an die Wahrheit, selber stellen sie aber keine Wahrheit dar. In der Physik und der Chemie beispielsweise sind die Atommodelle nur eine Annäherung daran, was ein Atom überhaupt ist oder wie es sich verhält. Kein Mensch weiß, wie ein Atom in Wirklichkeit aussieht. Die theoretischen Modelle über Atome in der Physik und der Chemie sind aber höchst praktikabel in ihren Anwendungsgebieten. Ähnlich verhält es sich mit der marxschen Theorie, sie ist keine absolute Wahrheit, sondern lediglich eine Annäherung an wirkliche Verhältnisse. Die marxsche dialektische Logik und die materialistische Sichtweise sind im hohen Maß praktikabel. Marx liefert einen methodischen Ansatz um die realen Verhältnisse besser zu verstehen.
Der Marxismus hat, ähnlich wie auch das Christentum, verschiedene Strömungen und Schulen erzeugt. Einige dieser Strömungen haben den Marxismus als Religionsersatz angenommen, eine Weltanschauung gezimmert und Gesellschaften geschaffen, die im hohen Maß inhuman sind und waren. Karl Marx hat in den frühen Jahren schon erkannt, dass der Kommunismus von Natur aus demokratisch oder despotisch sein kann. Schon früh warnte er vor einem "gedankenlosen und rohen Kommunismus". Als sich in Frankreich "Marxisten" formierten und Marx sah, welche Ansichten sie vertraten, meinte er ironisch, "Je ne suis pas en Marxist" (Ich bin kein Marxist).
Für Erich Fromm sind also die Suche nach der Wahrheit und die Nächstenliebe spirituelle Akte und auch der Kampf für soziale Gerechtigkeit ist ein spirtueller Weg. Neben dem Marxismus als wichtige Inspirationsquelle für Spiritualität, fand Erich Fromm im Buddhismus und auch ZEN weitere Inspirationen. Während der Marxismus eine gesellschaftliche Veränderung anstrebt, soll der Mensch sich im ZEN individuell verändern.
ZEN ist eine chinesische und vor allem japanische Variante des Buddhismus. Im Buddhismus ist es das Ziel sich vom Leiden zu befreien. Siddhartha Gautama der Religionsstifter postulierte die vier edlen Wahrheiten:
1. Alles Leben ist Leiden
2. Die Ursache des Leidens ist unwissendes Begehren
3. Die Aufhebung des Leidens kann erreicht werden
4. Der Weg zur Aufhebung des Leidens ist der Edle Achtfältige Pfad.
Daraus folgen logischerweise die acht Glaubenssätze:

1. Rechte Erkenntnis
2. Rechter Entschluss
3. Rechte Rede
4. Rechtes Handeln
5. Rechte Lebensführung
6. Rechtes Bemühen
7. Rechte Achtsamkeit
8. Rechte Versenkung

Ich möchte jetzt nicht näher auf die Glaubenssätze und die vier edlen Wahrheiten eingehen. Wichtig ist, das Siddhartha Gautama seinen Anhängern predigte "Recht" zu leben und allen Geschöpfen gegenüber mitfühlend zu sein. Die "acht Glaubenssätze sind vergleichbar mit den "zehn Geboten" bei den Juden und Christen. Rechte Rede bedeutet beispielsweise nicht zu lügen und rechtes Handeln nicht zu töten oder z. B. keine Waffen zu kaufen oder zu verkaufen. Ziel kann auch sein, Erleuchtung zu gelangen.
Wobei ich schon beim ZEN angekommen bin. Im meinem Artikel Erich Fromms ZEN Interpretation erwähnte ich bereits Daisetsu Teitaro Suzuki, der das Buch "Die große Befreiung" geschrieben hat. Der Titel des Buches deutet schon darauf hin ein freier Mensch zu werden, frei von Neid und Gier beispielsweise. Erich Fromm und Daisetsu Teitaro Suzuki luden sich gegenseitig zu Vorlesungen mit Studenten ein um auch voneinander zu lernen. In Fromms veröffentlichten Nachlassbuch "Vom Haben zum Sein" widmete sich Fromm der Achtsamkeit und der Meditation, welches vom ZEN beeinflusst ist. Erich Fromm praktizierte selbst Konzentrations-, Entspannungs- und Meditationsübungen. Sinn dieser Übungen ist es im Grunde hellwach und aufrecht durch das Leben zu gehen. Wach im Sinne davon sich nicht täuschen zu lassen und hinter die Fassaden von manchen Menschen zu blicken. Sich nicht vom Schein trügen zu lassen.
Heutzutage sind Meditations- und Entspannungsübungen wieder voll im Trend. Viele dieser im Trend liegenden Übungen dienen oftmals aber nur dazu sich im Turbokapitalismus zu sammeln und zu optimieren, um noch mehr Leistung als zuvor zu erbringen. Fromm ging es jedoch nicht um einen Wellnessbuddhismus oder um noch besser zu funktionieren. Ihm ging es darum mehr Freude zu erleben und vor allem für eine sozialere und gerechtere Gesellschaft zu kämpfen. Sich für ein selbstbestimmtes Leben einzusetzen, für eine Gesellschaft zu kämpfen wo die Wirtschaft für die Menschen da ist und nicht der Mensch für die Wirtschaft.

Ich stelle ein YouTube Video mit einem Interview von Erich Fromm aus dem Jahr 1976 ein, das aus Anlass seines Bucherscheinens von "Haben oder Sein" geführt worden war. Hier kann man sich noch einmal in die Gedankenwelt von Erich Fromm vertiefen.







Mittwoch, 31. Dezember 2014

Leben und Tod

Die Bedeutung des Todes aus marxistischer Sicht

Friedrich Engels schrieb einen kleinen Beitrag dazu, was das Leben ausmacht und was die Bedeutung des Todes für die Menschen hat.


"Leben und Tod. Schon jetzt gilt keine Physiologie für wissenschaftlich, die nicht den Tod als wesentliches Moment des Lebens auffaßt (Note: Hegel, »Enz[yklopädie]«, I, [S.] 152/153) die Negation des Lebens als wesentlich im Leben selbst enthalten, so daß Leben stets gedacht wird mit Beziehung auf sein notwendiges Resultat, das stets im Keim in ihm liegt, den Tod. Weiter ist die dialektische Auffassung des Lebens nichts.



Aber wer dies einmal verstanden, für den ist alles Gerede von Unsterblichkeit der Seele beseitigt. Der Tod ist entweder Auflösung des organischen Körpers, der nichts zurückläßt als die chemischen Bestandteile, die seine Substanz bildeten, oder er hinterläßt ein Lebensprinzip, mehr oder weniger Seele, das alle lebenden Organismen überdauert, nicht bloß den Menschen. Hier also einfaches Sichklarwerden vermittelst der Dialektik über die Natur von Leben und Tod hinreichend, einen uralten Aberglauben zu beseitigen.  Leben heißt Sterben."

Dialektik der Natur, (vgl. MEW Bd. 20, S. 554)

Montag, 15. Dezember 2014

Erich Fromms Zen Interpretation

Erich Fromm und Daisetsu Teitaro Suzuki prägten die Vorstellung vom Zen-Buddhismus im Westen

Über den Zen-Buddhismus gibt es viele Deutungen und Interpretationen. Eines der bekanntesten Interpretationen im Westen ist die des Psychoanalytikers und Sozialphilosophen Erich Fromm. Bekannt wurde er Ende der vierziger Jahre des vorigen Jahrhunderts mit seinem Buch "Die Furcht vor der Freiheit" und in den fünfziger Jahren legte er einen erneuten Publikumsbestseller namens "Die Kunst des Liebens" auf. Im letzteren Buch analysiert er das Phänomen Liebe auf marxistisch materialistische Weise. Er holt die Liebe aus einem kitschigen Begriff heraus und stellt fest, dass die Liebe geübt werden muss wie eine Kunst oder eine Meisterschaft. Er kommt zum nüchternen Resultat, dass die Liebe in kapitalistischen Gesellschaften gar nicht oder zumindest sehr selten vorkommt. Dazu vielleicht einmal später mehr.
Vor allem die Ansichten D. T. Suzukis inspirierten Fromm zu seiner Sichtweise vom Zen-Buddhismus. D. T. Suzuki schrieb mehrere Bücher über Buddhismus und Zen, sein bekanntestes Buch mit dem bescheidenen Titel "Die große Befreiung". Dieses Buch ist eine nicht leicht lesbare Einführung in den Zen Buddhismus. Überhaupt sind Suzukis Bücher durch eine paradoxe Logik gekennzeichnet, die westliche Leser nur schwer erfassen können. Die Menschen im Westen sind es gewohnt linear zu denken und nicht paradox und auch nicht dialektisch. Paradoxe und dialektische Logik kommt vor allem aus der östlichen Hemisphäre, im Westen wurde sie vor allem von Georg Wilhelm Friedrich Hegel und von Karl Marx exzessiv angewendet. Erich Fromm ist ebenso vom marxschen Denken stark geprägt. Paradoxes und dialektisches Denken legt, im Gegensatz zum linearen Denken, nicht so viel wert auf das Denken selbst, sondern vielmehr auf das praktische Tun. Keiner hat das besser formuliert als Karl Marx in seiner nicht so bekannten zweiten These über Feuerbach.

"Die Frage, ob dem menschlichen Denken gegenständliche Wahrheit zukomme, ist keine Frage der Theorie, sondern eine praktische Frage. In der Praxis muß der Mensch die Wahrheit, das heißt die Wirklichkeit und Macht, die Diesseitigkeit seines Denkens beweisen. Der Streit über die Wirklichkeit oder Nichtwirklichkeit eines Denkens, das sich von der Praxis isoliert, ist eine rein scholastische Frage." (Karl Marx im Frühjahr 1845)
[Marx: Thesen über Feuerbach, S. 10. Digitale Bibliothek Band 11: Marx/Engels, S. 830 (vgl. MEW Bd. 3, S. 533)]

Das praktische Tun ist für Marxisten und Buddhisten gleichermaßen wichtig, bei Marx gipfelt das bis zur berühmten 11. These über Feuerbach.

"Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert; es kommt aber darauf an, sie zu verändern."
[Marx: Thesen über Feuerbach, S. 14. Digitale Bibliothek Band 11: Marx/Engels, S. 834 (vgl. MEW Bd. 3, S. 535)]


Westliche und östliche Logikkonzepte


Wie gesagt, östliches Denken kreist, westliches Denken ist linear und die Kombination von beidem ist die dialektische Logik, die nicht einem Kreis und keiner Linie ähnlich sieht, sondern spiralförmig ist.

Zurück zu Erich Fromm, er interpretiert den Zen-Buddhismus als praktizierender Psychoanalytiker und in seinem Buch "Psychoanalyse und Zen-Buddhismus" aus dem Jahr 1960, versucht er eine Brücke zu schlagen zwischen einer revidierten Freud Auffassung und dem Zenverständnis Suzukis. Weil ich kein Psychoanalytiker bin, konzentriere ich mich auf Fromms Verständnis von Zen. Dazu schreibt er:
"Das positive, ethische Ziel des Zen besteht darin", Fromm zitiert dazu Suzuki:"vollkommene Sicherheit und Furchtlosigkeit zu verwirklichen und von der Knechtschaft zur Freiheit zu gelangen. Das Zen ist eine Sache des Charakters und nicht des Verstandes, was bedeutet, dass das Zen aus dem Willen als dem ersten Lebensprinzip erwächst" ([D. T. Suzuki, 1934, S. 131] zitiert aus der Gesamtausgabe Erich Fromm (1960a, GA VI, S. 340).

Impressionen von der Person D. T. Suzukis von YouTube

Wenig später zitiert Fromm Suzuki mit folgenden Worten:
"Zen ist seinem Wesen nach die Kunst, in die Natur seines Seins zu blicken, und es zeigt den Weg von der Knechtschaft zur Freiheit [...] Wir können sagen, dass Zen alle Energien freisetzt, die in jedem von uns richtig und natürlich aufgespeichert, aber unter normalen Bedingungen verkrampft und entstellt sind, so dass sie keinen angemessenen Kanal zur Betätigung finden [...] Es ist deshalb das Ziel des Zen, uns davor zu bewahren, geisteskrank oder verkrüppelt zu werden. Das verstehe ich unter Freiheit, dass man allen schöpferischen und wohlwollenden Impulsen, die in unseren Herzen schlummern, freien Spielraum lässt. Im allgemeinen sind wir der Tatsache gegenüber blind, dass wir alle notwendigen Fähigkeiten besitzen, die uns glücklich und anderen gegenüber liebevoll machen" [D. T. Suzuki, 1956, S. 3]. Fromm schreibt daraufhin und kommentiert;
"Diese Beschreibung der Ziele des Zen könnte ohne Änderung als Beschreibung dessen verwendet werden, was die Psychoanalyse sich bemüht zu erreichen: Einsicht in die eigene Natur, Verwirklichung von Freiheit, Glück und Liebe, Freisetzung von Energie und Erlösung von geistigem und körperlichem Siechtum. Diese letzte Feststellung, dass wir vor der Alternative zwischen Erleuchtung oder Wahnsinn stehen, mag bestürzend wirken, wird jedoch meiner Ansicht nach durch beobachtbare Tatsachen bewiesen.
Während sich die Psychiatrie mit der Frage befasst, warum einige Menschen geisteskrank werden, lautet die eigentliche Frage, warum die meisten Menschen nicht geisteskrank werden. Wenn man die Stellung des Menschen in der Welt, seine Isoliertheit, seine Einsamkeit, seine Ohnmacht und sein Wissen darum bedenkt, sollte man annehmen, diese Last übersteigt seine Kräfte und er müsse ganz wörtlich unter der Belastung "zusammenbrechen". Die meisten vermeiden ein solches Resultat durch kompensierende Mechanismen wie übertönende Alltagsroutine, Übereinstimmung mit der Masse, Streben nach Macht, Prestige und Geld, Abhängigkeit von Idolen, die man mit andern religiösen Kulten teilt, ein aufopferndes, masochistisches Leben, narzistische Aufgeblasenheit - kurz, indem sie zum Krüppel werden. Alle diese Kompensationen können, wenn sie funktionieren, die geistige Gesundheit bis zu einem gewissen Grad sichern, aber die einzige grundlegende Lösung, die die potentielle Geisteskrankheit wirklich überwindet, ist das volle, produktive Ja zur Welt, dass in seiner höchsten Form Erleuchtung ist" (1960a, GA VI, S. 341/342).
Das sind im Grunde drastische Darstellungen über das Leben der Menschen. Fromm idealisiert auf der einen und verteufelt auf der anderen Seite. Doch im Anschluss relativiert er diese Darstellungen vom erlösten und dem verkrüppelten Menschen. Schon der Weg zum Satori (Erleuchtung) bringt den Menschen zu seinem eigentlichen Sein, auch ohne Satori zu erlangen. Das ist im Grunde wie mit der Gaußschen Glockenverteilung, am Anfang der Skala steht Jesus und am Ende steht Adolf Hitler. 85% der Menschen befinden sich jedoch im "gesunden" Durchschnitt zwischen Gut und Böse, Erleuchtung oder Verkrüppelung oder, auch nach Fromm, zwischen Haben oder Sein.
Dieser Blog beschäftigt sich mit ZEN und Marxismus und weniger mit Zen-Buddhismus, eine der vielen Varianten der buddhistischen Religion. Erich Fromm ist sehr stark von den Frühschriften von Karl Marx beeinflusst und er versucht buddhistische Ideen mit der marxschen Vorstellung zu verbinden. Das brachte ihn seitens der Frankfurter Schule, insbesondere von Herbert Marcuse, den Vorwurf ein, er sei quasi ein "Guru" für die aufbegehrende Jugend der 60er Jahre. Oder er ist der "Guru" der Liebe. In der Tat ist es so, dass die Bücher von Erich Fromm "Die Kunst des Liebens" und "Haben oder Sein" sehr gut vermarktet worden sind und diese zu Bestsellern in den 60er und 70er Jahren wurden. Leszek Kołakowski bezeichnete Erich Fromm als den Feuerbach des Marxismus, weil Fromm auf materialistische Weise und ohne Umschweife und ohne zu viel wissenschaftlichem Apparat und ohne vielen Fremdwörtern seine Sichtweise darzustellen wusste.

Der Blog Zen & Marxismus stellt beide Denkmodelle aus meiner (OekoCharley´s) Sicht vor. Zen ist für mich ein individueller Weg und Marxismus ein sozialer oder gesellschaftlicher Weg zur Befreiung. Mit Hilfe von Zen kann man sich von Gier und Hass befreien, der Marxismus liefert den Menschen theoretisches Rüstzeug für die Praxis, um sich von zu großer Fremdbestimmung und von der herrschenden Klasse und der Profitgier zu befreien. Beide Denkweisen oder Weltanschauungen durchdringen den Schein oder den Nebel der Unwahrheiten, der Halbwahrheiten, der Lügen und des Verdummens hin zu mehr wahren Erkenntnissen.