Sonntag, 14. Dezember 2014

Existenzialismus im Film

Terrence Malick und seine meditativen Filme

Zen zu verstehen ist sehr schwer, es zu praktizieren und danach zu leben auch. Mit einer Konsumhaltung kommt man da nicht weit. Laut Erich Fromm muss man lernen sich zu konzentrieren und ganz im "Hier und Jetzt" aufgehen. Wenn ein Mensch zum Beispiel ein Bild malt oder einen Text schreibt und sich darauf voll konzentriert, kann es vorkommen, dass dieser Mensch in der Arbeit voll aufgeht und Zeit und Raum nicht mehr spürt. Der Mensch kann aktiv eine Landschaft beobachten, ein Bild ansehen oder auch einen Film gucken. Einen Film im Fernsehen oder im Kino anzusehen erfordert auch eine aktive Konzentration, man kann einen Film aber auch ohne wirklich zu sehen, einfach konsumieren ohne Anteilnahme. Im Privatfernsehen sich einen Film anzusehen mit Werbeunterbrechungen, behindert die Konzentration und ein aktives Sehen.
Geradezu meditative Filme produziert der Regisseur Terrence Malick, der Philosophie studiert hat und insbesondere von der Philosophie des Existenzialismus von Martin Heidegger beeinflusst wurde. Herbert Marcuse war zum Beispiel ein Schüler von Martin Heidegger, der ihm später auch Verrat an der Philosophie vorgeworfen hat, weil Martin Heidegger sich vom Nationalsozialismus vereinnahmen ließ. Nichts desto trotz ist die existentialistische Philosophie interessant und Hannah Arendt war eine gute Freundin von Heidegger. Aber darum soll es hier jetzt nicht gehen.

Terrence Malick 2011 (Quelle: Wikimedia und Urheber Michael Brown)

Terrence Malick stellt in seinen Filmen existenzielle Fragen und produziert Bilder oder Filmsequenzen von hoher meditativer Kraft. In seinem zuletzt veröffentlichten Film "The Tree of Life", wo er versucht den Sinn des Lebens zu ergründen und der sich mit der Entstehung des Kosmos und des Lebens beschäftigt, stellt er die Frage ob ein Mensch den Weg der Natur oder den Weg der Gnade beschreiten sollte. Einige Kritiker dieses eher experimentellen Films behaupten, dass Malick an seinen eigenen Ansprüchen grandios gescheitert ist. Meiner Ansicht nach ist der Film an sich schon sehr überfrachtet und zum Schluss auch ein bisschen kitschig.  Nichts desto trotz besticht The Tree of Life durch seine eindrucksvollen Bilder mit einem starken meditativen Sog. Der Film erzählt keine geradlinige Geschichte in chronologischer Reihenfolge, sondern arbeitet auch mit gegenwärtigen Situationen und blendet zurück und auch nach vorne. Im Mittelpunkt steht eine Familiengeschichte der Familie O´Brien, die hauptsächlich in den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts in Texas spielt. Wobei der Vater den Weg der Natur und die Mutter den Weg der Gnade oder auch der Liebe repräsentieren. Die Söhne hingegen stehen in einem Zwiespalt zwischen Anpassung und Aufbegehren.
Einen kleinen Eindruck über den Film vermittelt ein wenig das folgende Video von YouTube über das Leben, das Universum und die Natur.




Ein Film von ganz anderer Qualität ist Malicks Film "The thin red Line", auf deutsch "Der schmale Grat", den er 1998 gedreht und 1999 den goldenen Bären gewonnen hat. Im Gegensatz zu "The Tree of Life" erzählt Malick hier eine vor allem chronologische Geschichte der Charley Kompanie aus dem zweiten Weltkrieg. Schauplatz ist die Schlacht um Guadalcanal in der Südsee im Pazifik. Hier führten die USA und die Japaner 1942 eine erbitterte Schlacht. Vorlage für diesen Film ist der Roman von James Jones, der in diesem Roman seine Eindrücke um die Schlacht von Guadalcanal verarbeitet hat.
Der Film kontrastiert eine "heile bzw. paradiesische" Welt mit der Welt und den Erfahrungen des Krieges, wo die Soldaten sowohl als Täter wie auch als Opfer dargestellt werden. Immer wieder werden die Erlebnisse der Soldaten mit geradezu meditativer Kraft von starken Bildern aus der Natur unterbrochen. Im Grunde plätschert die Geschichte vor sich hin, immer wieder unterbrochen mit den Gedanken der Soldaten aus dem Off. Eigentlich werden nicht Rückblenden sondern Tagträume der Soldaten eingeblendet. Ein Soldat denkt über seine Frau nach und bei einem anderen Soldat werden Szenen aus der Kindheit gezeigt.
Dieser Film ist im Gegensatz zu Steven Spielbergs "Der Soldat James Ryan" alles andere als patriotisch. Die Japaner werden als Menschen mit Gefühlen, Trauer und Verzweiflung dargestellt, die amerikanischen Soldaten treten manchmal geradezu imperialistisch auf.
Die Existenz von Menschen im Krieg erlebt in diesen Film einen starken kontemplativen und meditativen Charakter. Der folgende Trailer mit der Musik von Hans Zimmer kann nur einen kleinen Eindruck vom Film vermitteln.




Sechs Jahre später im Jahr 2005 veröffentlichte Terrence Malick seinen Film "The New World". Hier wird die Geschichte der Gründung der Siedlung Jamestown in Neu-England im 17. Jahrhundert erzählt. Malick ließ sich von der Legende um Pocahontas und John Smith inspirieren. Im Gegensatz zum "Schmalen Grat", wo hauptsächlich Männer im Mittelpunkt standen, steht hier ein Indianermädchen oder eine Frau im Mittelpunkt des Geschehens. Die Geschichte wird streng chronologisch erzählt, ohne Vor- oder Rückblenden steht das Leben von Pocahontas von der Begegnung mit den Engländern bis zu ihren Tod im Brennpunkt. Der Name Pocahontas wird im gesamten Film über nicht erwähnt. Die schauspielerische Verkörperung der jungen Indianerin ist gut umgesetzt, die Darstellung von John Smith lässt allerdings zu Wünschen übrig.
Auch in diesem Film besticht der meditative Charakter der Bilder von den Naturerscheinungen und dem Zusammenspiel der Menschen. Der untenstehende Trailer vermittelt nicht ganz die Atmosphäre des ganzen Films.



Nun was haben Malicks Filme mit Zen zu tun. Im Zen genießt die Achtsamkeit einen hohen Stellenwert. Achtsamkeit heißt auch wahrnehmen ohne zu bewerten. Malicks Filme ziehen einen so stark ins Geschehen, dass man hauptsächlich die Geschehnisse auf der Leinwand wahrnimmt ohne zu bewerten.
Diese Filme sind quasi Meditation, wenn der Betrachter sich auf den Film konzentriert.


Alle drei Filme sind inzwischen auch als DVD oder Blue Ray erhältlich. Am besten wirken die Filme natürlich auf der Leinwand im Kino.

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